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Seminarbeschreibung aus dem kommentierten Vorlesungsverzeichnis
(Wintersemester 2011/12)
Fastnacht in Mainz, Passionsspiele in Oberammergau und Almabtrieb in Berchtesgaden – Bräuche sind in unserer Event-Kultur zu einem Schaubrauchtum und zu einem starken Wirtschaftsfaktor für den Tourismus geworden. Das wird kaum deutlicher als beim Oktoberfest, wenn die kommerziellen Interessen hinter den Schlagwörtern „Tradition“ und „Brauchtum“ verschwinden. Wie erfolgreich „Brauch“ als Marketing-Strategie ist, zeigt die große Beliebtheit der Historischen Wiesn. Wirtschaftliche Interessen spielen auch bei der Wiederbelebung vermeintlich „uralter“ Bräuche eine bedeutende Rolle. Halloween wurde als gutes Vorweihnachtsgeschäft entdeckt und hat es dadurch innerhalb kürzester Zeit zu großer Popularität gebracht, ebenso die Perchten, die dem Münchner Christkindlmarkt einen neuen Nervenkitzel geben.
In diesem Seminar soll in eigenen empirischen Untersuchungen der Frage nachgegangen werden, in welch vielfältiger Weise Bräuche als Wirtschaftsfaktor funktionieren, welche Industriezweige davon profitieren (z.B. Schokoladen-, Textil- oder Dekorationsindustrie) und warum Bräuche für den Tourismus interessant sind. Die Seminarinhalte sollen zudem Kompetenzen vermitteln, die für eine mögliche spätere Berufstätigkeit in der Tourismusbranche und im Event-Management von Vorteil sind, denn VolkskundlerInnen gelten immer noch als Fachleute für Brauchforschung. Zumindest sollten wir wissen: Muttertag wurde nicht von Fleurop erfunden.
Einführende Lektüre:
Bimmer, Andreas: Brauchforschung. In: Brednich, Rolf W. (Hg.): Grundriss der Volkskunde.
Einführung in die Forschungsfelder der Europäischen Ethnologie. 3. Aufl. Berlin 2001, S. 445-468.